|
Lektion 8: Paulus - eigener Versuch einer Gesamtdarstellung Forschungsgeschichtlicher
Überblick
3. Der alte Äon Schon innerhalb des Alten Äons hat Gott als der Herr der Geschichte sich ein Volk zum Eigentum erwählt. Israel steht, so Röm 9,4.5a in einem besonderen Verhältnis zu Gott, in dem der Sohnschaft: Es hat die Bundesschlüsse und die Gesetzgebung in der Thora, es hat die angemessene Gottesverehrung und die Verheißungen, es hat die Väter, es hat die Thora (so schon Röm 3,2), es kennt und praktiziert den Willen Gottes, und es eifert um Gerechtigkeit. Untadelig nach dem Gesetz zu sein ist möglich (Phil 3,6). Die Heiden erkennen Gott nicht als Gott an, obwohl er sich auch ihnen gegenüber nicht unbezeugt gelassen hat. Das Gesetz ist ihnen ins Herz geschrieben, darum werden sie im Endgericht nach den Forderungen des Gesetzes gerichtet. Weil die Heiden Gott nicht kennen, sind sie in Torheit befangen und ihren Begierden verfallen (vgl. dazu 1 Thess 4,3-5; Paulus ist hierin mit frühjüdischer Tradition einig). - Historisch gesehen war die Bandbreite ethischer Positionen und ethischer Praxis in der nichtjüdischen Antike größer, als es jüdische und christliche Polemik erkennen lassen. Dieses Urteil gilt auch unter den Voraussetzungen des neuen Äons weiter; allerdings hat sich das Verhältnis des Gottes Israels zu den Nichtjuden gewandelt: Bisher hatte Gott sie mitsamt ihrem Götzendienst ertragen, nunmehr, im neuen Äon, weitet er seine Herrschaft auch auf sie aus. Ihnen wird in der Predigt das Apostels das Heil angeboten; im Falle der Selbstverweigerung droht ihnen das göttliche Gericht. Was Israel betrifft, so expliziert Paulus erst in Röm 9 - 11 gegen frühere mißverständliche Äußerungen die bleibende Selbstbindung Gottes an sein Volk. Die in Röm 3,2 und Röm 9,4.5a genannten Vorzüge Israels vergehen nicht einfach mit dem alten Äon, sondern sind Unterpfand der bleibenden Treue Gottes zu seinem Volk. Auch im neuen Äon gilt ihm zuerst (Röm 11,6), und dann erst den Heiden, die Verkündigung des Evangeliums.
|